England und Wales Reise 2012

Reisebericht von 10 unvergesslichen Tagen

 

Unter bewährter Regie von „Fritz“ Pratschke fand vom 26. Juni bis zum 5. Juli 2012 die 16. Rundreise zu Kronbergs Partnerstadt Aberystwyth in Wales statt. Die Tour begann in London Heathrow, wo die 32 Mitreisenden von einem deutschen Bus aufgesammelt wurden, der mit einem deutschen Fahrer, deutschem Bier sowie deutschen Würstchen aufwarten konnte. Die vielleicht zugrunde liegende Befürchtung, dass das englische Essen ungenießbar sein könnte, wurde während der Fahrt zahlreich auf köstliche Art und Weise widerlegt.

Erstes Ziel der Reise war Cambridge am River Cam. In dieser alterwürdigen Universitätsstadt begegnen einem auf Schritt und Tritt berühmte Namen, bekannte Colleges und die Geschichte tropft praktisch aus jedem Stein. Eine Wienerin vermittelte zwei stramme Stunden Stadtkunde mit Besuch des Pembroke Colleges und einem Spaziergang entlang mancher Kuriosität, wie z.B. der Uhr mit „relativer“ Zeit oder einem Gitarrespieler in einem Mülleimer. Im Garten des Senat Houses wurde die Gruppe Zeuge der Zeugnisverkündigung zum Semesterende.

Der nächste Tag führte die Gruppe entlang der Ostküste durch die Fenlands, eine dem Meer abgerungene Landschaft, die von Kanälen durchzogen ist. Ziel der Reise war das Örtchen Ely, das mit rund 15.000 Einwohnern stolz auf eine riesige Kathedrale aus dem 14. Jahrhundert ist. Die lokale Führerin meinte mit einem Augenzwinkern, die örtliche Einkaufsstraße sei kaum länger als die Kathedrale. Die Fahrt ging weiter nach Lincoln, wo eine weitere Kathedrale auf dem Programm stand. Aber schon bei Einfahrt in das kleine Städtchen fielen Menschenmengen am Straßenrand auf, die sich auf Klappstühlen und Mäuerchen niedergelassen hatten. Des Rätsels Lösung: die Einwohner von Lincoln erwarteten den Lauf der Olympiafackel durch ihren Ort. Auch wir wollten natürlich dabei sein und wurden nach rund 1 Stunde Wartezeit mit einem Erinnerungsfoto belohnt. Fast wären einige zu spät zum Bus zurückgekehrt, aber die Losung für die Fahrt: 5 Minuten Verspätung = singen, 10 Minuten Verspätung = singen und tanzen und 15 Minuten Verspätung = singen und tanzen wo der Bus einmal stand, zeigte bis zum letzen Tag seine erfreuliche Wirkung.

Der nächste Morgen stand unter dem Motto „neuer Tag – nächste Kathedrale“ und führte die Gruppe nach York einem mittelalterlich geprägten Städtchen mit berühmtem „Minster“ und Glasfenstern aus dem 11. Jahrhundert. Die Altstadt aus dem 14. und 15. Jahrhundert zeichnet sich durch verwinkelte Gässchen und geheime Durchgängen aus, und so gingen während der Stadtführung prompt 5 Teilnehmer verloren.

Am 29. Juni stand eine Fahrt mit einer Schmalspur Lok zur Küstenstadt Withby auf dem Programm. Start war der historische Bahnhof von Pickering, der für die Verfilmung von Harry Potter Kulisse stand. An diesem Tag bekam das Vorurteil des schlechten Wetters in England reichlich Nahrung, denn man wurde immer wieder von heftigen Regengüssen überrascht. Manche hatten Glück und saßen gerade bei Fish & Chips im Trocknen. Withby ist bekannt für seinen Fischfang aber auch für die Inspiration zum Roman „Dracula“. Der Autor Bram Stoker nutzte 1897 die steilen 199 Stufen vom Hafen zu einer uralten Kirche mit Friedhof und der Ruine einer Abtei als Einstieg in sein berühmtes Werk. Auch der nächste Tag konnte mit viel Historie punkten. Besucht wurde Chester, ein wunderschönes Städtchen auf den Grundmauern eines Römerlagers. Chester ist berühmt für seine Fachwerkhäuser mit kleinen Geschäften, ebenerdigen und in Galerien im 1. Stock. Als Extra gab es an diesem Tag einen Sängerwettstreit mit Open-Air Darbietungen von Chören in der gesamten Stadt. Außerdem konnte man als Zaungast die Anspannung eines Pferderennens miterleben, das von Tausenden herausgeputzter Briten besucht wurde – Ascot lässt grüssen!

Am nächsten Morgen wurde die Grenze zu Wales überschritten, ein Land mit rund 3 Millionen Einwohnern und doppelt so vielen Schafen. Mit „Croeso“ wurden die Besucher begrüßt, und die Straßenschilder waren ab sofort in englischer und walisischer Sprache zu lesen. Auch das Speiseangebot veränderte sich. So kamen die Kenner von Black Pudding, einer walisischen Grützwurst, beim Frühstück voll auf ihre Kosten. Die morgendliche Begrüßung im Bus lautete nun „Bore da“ – Guten Morgen. Die Fahrt führte an diesem Tag zur Partnerstadt Aberystwyth mit einem kleinen Ausflug durch den nordwalisischen Snowdonia National Park, ein Wander- und Kletterparadies mit schroffen Felsen und steilen Gebirgstälern. Zeit war dann auch noch für einen Abstecher nach Caernarfon, einem kleinen Küstenort mit Caernarfon Castle aus dem 13. Jahrhundert, auf dem Prince Charles 1969 zum Prince of Wales geschlagen wurde. Gegen Nachmittag erreichte die Gruppe schließlich Aberystwyth, wo der Großteil im Studentenwohnheim Quartier nahm. Die nächsten drei Tage boten Gelegenheit, sich mit walisischen Freunden zu treffen und grandiose Natur rund um Aberystwyth zu genießen. Vielen werden der Ausflug nach Borth und die Wanderung durch die Dünenlandschaft von Ynyslas in Erinnerung bleiben. Aber auch die Fütterung der roten Milane in der nahen Hügellandschaft war ein bewegendes Erlebnis. Leider machte sich das „englische“ Wetter in diesen Tagen alle Ehre, und so deckte sich mancher Besucher bei „Cheep Charlie“ mit Regenjacken und Gummistiefeln ein. So gerüstet konnten dann noch Ziele wie Constitution Hill mit atemberaubendem Blick auf Aberystwyth oder dem kleinen südlich gelegenen Küstenort Aberaeron besucht werden. Auch die Bildung kam nicht zu kurz. Es wurde eine Führung durch die National Library angeboten, einem imposanten Gebäude, das 1932 von King George und seiner Tochter Elizabeth eingeweiht wurde und seither alle Publikationen in walisischer Sprache beherbergt. Lohnendes Ausflugsziel im Regen war außerdem das lokale Geschichtsmuseum in einem alten Kinogebäude mit 2 Stockwerken, in dem anhand liebevoll zusammengetragener Stücke und Dokumenten der walisische Alltag aus vergangenen Zeiten nachgestellt wird.

Der letzte Abend wurde in der Bar des Arts und Craft Center mit einem Treffen der Partnerschaftsvereine sowie vieler walisischer Freunde begangen – gelebte Völkerverständigung bei der manches Cider oder Lager zum Prost gehoben wurde. Die Reisegruppe (12 bis 88 Jahre) war sich einige, dass bei dieser Rundreise für jeden etwas dabei gewesen war und man in „Aber“ noch viel hätte entdecken können – ein Anreiz auch im nächsten Jahr wieder dabei zu sein.

Bärbel Spathelf (Juni 2012)